Die Fasaneninsel ist eine gut zwei Hektar große Insel im Großen Eutiner See. Im 9. Jahrhundert Standort der wendischen Burg „Utin“, die mit dem Festland mit einer Holzbrücke verbunden war. Nach der Zerstörung dieser Burg im 12. Jahrhundert wurde eine neue Burg für die Lübecker Bischöfe auf dem Festland errichtet, aus der im 16. Jahrhundert das Eutiner Schloss hervorging. Fürstbischof Adolf Friedrich von Schleswig-Holstein-Gottorp, 1727-1750 König von Schweden, nutzte die pittoreske Insel als Blickpunkt aus dem Schlossgarten und ließ dort ein kleines Lustschloss, die sogenannte Adolphsburg, errichten. Für kurze Zeit beherbergte der Bau die mecklenburgische Münze. 1771 wurde das aus Ziegeln und Feldsteinen erbaute Schloss durch den neuen Eutiner Hofbaumeister abgerissen und mit dem Material das St.-Georgs-Hospital in Eutin errichtet. Bis ins 20. Jahrhundert wurde auf der Insel eine Fasanenzucht betrieben.
Vom Schloss und den Wallanlagen hat sich nichts erhalten. Der wohl von Johann Christian Lewon auf der Insel angelegte angelegte Baumgarten ist heute bis auf Reste mehrerer Lindealleen nicht mehr erkennbar. Der gegenwärtig in privater Hand befindliche Besitz soll denkmalgerecht saniert und weiterentwickelt werden.
Hintergründe der geplanten Erweiterung der Bucerius Law School im an der Jungiusstraße und an der Marseiller Promenade in Hamburg
Der folgende Text wurde veröffentlicht in: Grüner Anzeiger für Pflanze und Garten 3/2024, S. 32-33
Kaum eine Parkanlage hat eine ähnlich reiche Vergangenheit: Der Hamburger Wallringpark, offiziell „Planten un Blomen“ benannt, ist seit seiner Entstehung vor rund 200 Jahren immer wieder grundlegend überformt worden, beginnend mit der Internationalen Gartenbau-Ausstellung 1869 und folgend mit vielen weiteren bis zur IGA 1973. Seit gut 50 Jahren ist hier Schluss mit Ausstellungen, doch Überformungen und Weiterentwicklungen reißen nicht ab, zuletzt mit einer 1,4 Hektar großen Parkerweiterung infolge des Rückbaus der ehemaligen Marseiller Straße nördlich des Alten Botanischen Gartens, eingeweiht 2023. So schön in Zeiten von Flächenfraß in den Großstädten so eine Parkerweiterung auch ist, es lohnt sich, dem geschenkten Gaul einmal ins Maul zu schauen. Denn nur wenige Meter entfernt wird die Grünfläche schon wieder beschnitten, durch Neubauten einer privaten Universität. Was aber haben die beiden Dinge miteinander zu tun?
Die von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius betriebene Bucerius Law School (BLS) residiert seit dem Jahr 2000 in den Gebäuden der ehemaligen Botanischen Institute der Stadt Hamburg, direkt angrenzend an die damalige Marseiller Straße. Die Hansestadt war froh um den Verkauf des Geländes, wurde sie damit doch die Sorge um die Pflege der denkmalgeschützten gründerzeitlichen Institutsgebäude los. Den Neubau eines Auditoriums auf dem Campus im Jahr 2003 winkte man mittels Befreiungen vom geltenden Bebauungsplan, der hier „Grünfläche“ und „Parkanlage“ auswies, durch. Die denkmalgeschützten Schaugewächshäuser der IGA 63 erwarb die ZEIT-Stiftung „zur Arrondierung ihrer Liegenschaft“ Ende 2004.[1] Die Errichtung der fünfgeschossigen „Deutsche Bank Hall“ auf tausend Quadratmetern Grundfläche im Jahr 2007 wurde mittels weiterer Befreiungen ermöglicht.
Schon im Vorfeld der Rückbauüberlegungen zur Marseiller Straße um 2014 erging daher – so informierte Quellen der zuständigen Verwaltungen – an die ZEIT-Stiftung die Frage, ob sie eventuell weitere Erweiterungen plane, die man auf einem Teil der neuen Parkfläche realisieren könne. Noch Ende 2016 wurde der ZEIT-Stiftung diese Erweiterungsmöglichkeit eingeräumt,[2] von der sie aber keinen Gebrauch machte.
Wenige Monate darauf aber meldet sie doch Baubedarf an: In Absprache mit dem Stab des damaligen Bürgermeisters Olaf Scholz seien 8.000 m² Bruttogeschossflächen (BGF) vereinbart, obwohl nur rund 5.800 m² BGF zulässig seien.[3] – Hoppla!
Offenbar ist die ZEIT-Stiftung zu diesem Zeitpunkt selbst überfragt, was damit anzufangen sei, rechnet erstmal mit 4.000 m² für studentisches Wohnen und den Rest für anderes.[4] Da so viel Wohnfläche aber laut zuständigem Bezirksamt „nicht durchsetzbar“ sei,[5] verschwindet diese Nutzungsform bald darauf aus den Bedarfsermittlungen. Erstaunlicherweise führt dies jedoch nicht dazu, dass die angeblich nötige BGF um die Höhe des gestrichenen Wohnbedarfs sinkt, sie wird mit 8.000 m² weitergeführt.[6]
Ginge alles nachvollziehbar zu, so hätte die benötigte Raumfläche nun gerade mal 4.000 m² betragen müssen (Achttausend minus Viertausend sind doch Viertausend?). Stattdessen sollen 5.700 m² erlaubt werden, aber, um es einigermaßen denkmalverträglich zu gestalten, auf zwei Baufelder verteilt werden. Dies wird die Vorgabe eines hochbaulichen Realisierungswettbewerbs im Jahr 2021, der eine qualitätvolle Bebauung sicherstellen soll.[7]
Der Siegerentwurf des Hamburger Büros Kraus Schönberg Architekten aber übersteigt diese Wettbewerbsvorgabe deutlich und beläuft sich nach einigen Optimierungsschleifen zum Januar 2023 auf über 7.200 m² BGF. Nicht zu vergessen zusätzlich knapp 2.200 m² unterirdisch,[8] zusammen stolze 9.440 m².
Solcher Erfolg wäre einer Universität zu gönnen, würden Quadratmeter nicht unweigerlich Bauhöhen und Volumen bedeuten, die am Wallhang und insbesondere hinter den Schaugewächshäusern aufragen und deren diffizil gefaltete Firstlinie mit einem horizontalen Riegel zerstören. Wie ein Symbol für die Intransparenz, mit der dieser Eingriff und sein Zustandekommen kaschiert werden sollen, hüllen Kraus Schönberg Architekten in ihrer Visualisierung den fünfgeschossigen Neubau in dichten Hamburger Nebel, er lässt sich hinter den Schaugewächshäusern kaum ausmachen.[9]
Der ehrenhafte Versuch, durch Verteilung der erstaunlichen Baumasse auf nun zwei Felder die Auswirkungen auf den Park zu verringern, hat ein neues Problem geschaffen, den historischen Wall an der Stelle „Quellgrund“ mit seinem wertvollen Baumbestand und einem Schatz historischer Wege und Stinzenpflanzen mit einer Tiefgarage bedrängend, über der sich ein siebengeschossiger (!) skulpturaler Bau in den Himmel schrauben soll. Er wird als Komplettierung des Ensembles gefeiert.[10]
Hinter vorgehaltener Hand heißt es in den betroffenen Verwaltungen, die diese Erweiterungen aus fachlicher Sicht natürlich auch nicht begrüßen, aber doch genehmigen, man könne nun mal nicht anders, das Ganze sei „politisch entschieden“ worden. Doch da sich die drei Senatorinnen und Senatoren, die dies angeblich miteinander vereinbart haben, dazu nicht bekennen, scheint es keine Verantwortlichen zu geben.
Auf der mittlerweile zweiten Öffentlichkeitsveranstaltung mit dem Titel „Wachsende Stadt – schrumpfender Park?“ im März 2024 [11] wurde durch den Autor belegt, wie unglaubwürdig diese angeblichen Raumbedarfe von Anfang an waren; wie die das Planungsvorhaben kritisch begleitenden Verbände über ein Jahr lang in einem Pingpong zwischen Bezirksamt und Vorhabenträgerin hingehalten wurden; wie bis zuletzt Einladungen an Bezirksamt und Kulturbehörde zur Teilnahme an der genannten Öffentlichkeitsveranstaltung unbeantwortet blieben und erst unter der Erwartung einer größeren Teilnehmerzahl in letzter Minute angenommen wurden, plötzlich mit so lang versprochenen Unterlagen in der Hand. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte zeigte sich von dieser Kritik unbeeindruckt, die Zeit-Stiftung verwies auf ihr wohltätiges Engagement.
Und ja, der Name Bucerius hat in Hamburg einen guten Klang, war Gerd Bucerius nicht nur Bürgerschaftsabgeordneter, kurzzeitig Bausenator und ein überaus erfolgreicher Zeitungsmann, sondern auch Ehrenbürger der Hansestadt und mit seiner Frau Gründer der wohltätigen ZEIT-Stiftung. Diese Stiftung betreibt nicht nur die renommierte Law School, sondern auch das bedeutende Ausstellungshaus „Bucerius Kunst Forum“, sie fördert die Sanierung bedeutender Sakralbauten in Norddeutschland und sponsert zahlreiche Kulturevents in der Hansestadt. Kein Wunder, dass sich Kritiker schwer damit tun, gegenzuhalten.
Ob, wie eine handschriftliche Notiz in den Akten des Denkmalschutzamts im Jahr 2017 irritiert fragt, es nicht eigentlich darum ginge, durch eine Grundstücksveräußerung den Umbau der Marseiller Straße zu einem Park zu finanzieren?
„Es geht doch darum, das städtische Grundstück so teuer wie möglich zu verkaufen, deshalb sollen die 8.000 m² ja an der Marseiller Straße realisiert werden, oder?“ [12]
Ein solcher versuchter Deal würde die enorme von der Stadt in Aussicht gestellte BGF erklären und auch, warum die ZEIT-Stiftung so offenkundig unvorbereitet mit irgendwelchen Raumbedarfen operierte. Sollte es der ZEIT-Stiftung mit ihrem Pool hervorragender Juristen gelungen sein, das 8.000 m²-Erweiterungsangebot der Stadt als Erlaubnis für eine Neubebauung auf bereits eigenem Grund zu nutzen, für den mehr als 5.800 m² sonst nicht zulässig gewesen wären, würde dies die von Anfang an nicht zueinander passenden Zahlen erklären. Und wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen war, konnte die Stadt wenig mehr tun, als den Schaden durch die Vorgabe eines Realisierungswettbewerbs und einer Verteilung auf zwei Baufelder zu begrenzen.
Der Skandal ist nicht, dass wieder einmal ein Stück historischer innerstädtischer Parkanlage preisgegeben wird, dass es Hamburgs identitätsstiftendes Grünes Wohnzimmer betrifft und sogar ausgerechnet den ältesten Teil darin, sondern dass dies mit dem Segen der angeblich unabhängigen städtischen Verwaltungen geschieht. Denkmalschutz, Naturschutz und Erholung im Grünen sind wahrlich nicht die einzigen Schutzgüter einer Gesellschaft und können, ja müssen manchmal zugunsten anderer Entwicklungen beschnitten werden. Nicht gänzlich ausgeschlossen, dass die politisch Verantwortlichen glauben, in dieser noch immer nebligen Verknüpfung von Parkerweiterung und Baugenehmigung im Sinne der Stadt gehandelt zu haben und dass es lediglich schief ging. Doch wenn Politik ihre Abwägungen oder auch Fehler nicht benennt, wenn Bezirksämter sich zum Ausführungsorgan privater Vorhabenträger machen, eine Kulturbehörde vergisst, wozu der Umgebungsschutz von Denkmalen dient und eine Umweltbehörde nicht das öffentliche Erholungsinteresse und den Schatz seiner Parks verteidigt, dann werden mit Intransparenz und falschverstandener Loyalität wichtige demokratische Prinzipien aufgegeben, wo der Ort für die vielbeschworene Zivilcourage wäre.
Die Politik muss um vieles Sorge tragen; die ZEIT-Stiftung hat vor allem eines zu verlieren: Ihren guten Namen. Politik und Verwaltung haben ihr mindestens dabei einen Bärendienst erwiesen.
[8] Bezirksamt Hamburg-Mitte, Präsentation zur öffentlichen Plandiskussion zum Bebauungsplan-Entwurf Neustadt 51/St. Pauli 46 „Erweiterung Bucerius Law School“ am 16.1.2023
Besitzbare Reminiszenz an Zeiten des Holzumschlags, 2023
Fachbeitrag, erschienen in: „Architektur in Hamburg, Jahrbuch 2023/24“, Hg. von der Hamburgischen Architektenkammer
Im 15. Jahrhundert angelegt, um Billwerder vor Hochwasser zu schützen, zählt der Schleusengraben in Bergedorf zu den ältesten künstlichen Wasserstraßen Deutschlands. Das kanalisiert ins Flusssystem der Elbe abgeleitete Wasser der Bille eröffnete den Bergedorfern erstmals einen durchgehenden Wasserweg nach Hamburg. Von dem zu einem Hafenbecken ausgebauten Schleusengraben wurde Gemüse aus den Vier- und Marschlanden bezogen und Bauholz aus dem Sachsenwald nach Hamburg geschafft, später Rohstoffe für Bergedorfs Industrie. 1902 leistete sich das damals selbständige Bergedorf den Ausbau eines kleinen, aber sehr leistungsfähigen „Neuen Hafens“ nahe dem Stadtzentrum am „Serrahn“ (slawisch für Aalfang). In der die Kaimauern begleitenden Straße reihten sich hochmoderne, elektrisch betriebene Drehkräne, die zu den wenigen Sehenswürdigkeiten des umgebenden Arbeiterviertels gezählt wurden.
Doch diese Schiffertradition ist schon seit siebzig Jahren Geschichte. Zuletzt wirkte die Serrahnstraße trotz ihrer Lage am ehemaligen Hafen etwas heruntergekommen, auf ihren einhundertdreißig Metern Länge von einem trivialen Nebeneinander unterschiedlicher Wegebeläge, Zäune und Schilder geprägt und von einer Reihe großer Platanen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts beengt.
Um sozialen Zusammenhalt und die Lebensqualität in der Stadt zu verbessern, wurde Bergedorf-Serrahn 2018 als Fördergebiet im Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung festgelegt und ein freiraumplanerischer Ideenwettbewerb ausgelobt. Unter den vier teilnehmenden Teams erhielt der Beitrag von YLA Ando Yoo Landschaftsarchitektur den Zuschlag. YLA überzeugten mit der Idee eines dreigeteilten Boulevards. Die durchschnittlich nur dreizehn Meter breite Straße wird in drei parallele Nutzungszonen geteilt: private Außengastronomie als Sondernutzung an den Gebäuden, öffentliche Promenade in der Mitte und öffentlicher Aufenthaltsbereich am Wasser.
Kann die Sanierung der Kaimauer mit den „Wassertreppen“ genannten Zugängen zum Hafenbecken aus Denkmalschutzgründen als bereits gesetzt gelten, so stärkten YLA den ideellen Bezug auf die Hafengeschichte zusätzlich durch die Wiederverwendung und Ergänzung vorhandenen Granitgroßpflasters, durch selbst entwickelte „Stapelbänke“ aus massiven geglätteten Duckdalben sowie durch „Schutenbänke“ in Bootsform mit innenliegenden Gräserbeeten, um an den ehemaligen Holzumschlag und den wichtigen Getreidetransport zu erinnern. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die vollständige Rodung der Platanen verständlich, die den historisch offenen Charakter der Straße empfindlich gestört hatten.
Das bauliche Ergebnis zeigt die für YLA charakteristische Klarheit und Unaufdringlichkeit: Der zum Hafenbecken nun weitgehend offene Raum breitet sich mit nur wenigen Materialien – Granitstein, naturbelassenes Vollholz, oxidiertes Gusseisen und anthrazitfarben lackierter Flachstahl – wie selbstverständlich aus. Vorherrschendes Wegematerial ist das geschnittene Granit-Großpflaster, überwiegend im wilden Verband diagonal zur Laufrichtung und nur in Aufenthaltsbereichen am Wasser im Reihenverband verlegt. Unauffällig sind darin die notwendigen Zufahrten zu den Gastro- und Hotelbetrieben gelungen. Ein langes Plattenband aus schwedischem Bohus-Granit trennt den öffentlichen Aufenthaltsbereich vom Promenadenbereich. Dieser wird seinerseits vom Gastrobereich durch die schnurgerade Entwässerungsrinne und einen knapp ein Meter breiten Funktionsstreifen aus Bohus-Granit getrennt, der die neue Baumreihe sowie Mastleuchten, Papierkörbe und einige Fahrradbügel aufnimmt. YLAs Blick fürs Detail verraten die Entwässerungsrinnen, deren Roste aus oxidierten Quadratstäben dem der Baumrosten genau entspricht.
Für die gestalterisch besonders sensible Kaikante, historisch ohne Absturzsicherung und noch im Wettbewerb als visuell offenes Geländer mit einfachem Kniegurt und nach innen gekröpftem Handlauf versehen, verlangte der Denkmalschutz im Rahmen der Genehmigung des Entwurfs ein Geländer mit senkrechten Füllstäben. In Anlehnung an die südlich anschließenden Bestandsgeländer haben YLA ein solches Geländer entwickelt und kompensieren dessen geringere Transparenz damit, die bisherige Heterogenität unterschiedlicher Hinweisschilder und Pfosten, die bislang auf unterschiedliche Weise an den diversen Zäunen befestigt waren, nunmehr mittels verglasten Schildkästen oder auch festen Schriftzügen (wie z. B. „Wassertreppe1“) in den Zaun zu integrieren. „Ich hasse diese Kabelbinder, mit denen hier alles Mögliche irgendwo festgemacht wurde“, verrät Ando Yoo im Gespräch und zeigt sich mit dem neuen Zaun versöhnt.
In dem derart aufgeräumten Gelände beherrscht neben dem Hafenbecken der letzte verbliebene und nunmehr sanierte Drehkran etwas klobig die Szene, auch die anstelle der von YLA vorgeschlagenen Kupferfelsenbirnen verwendeten Kobus-Magnolien machen ihm seinen Rang nicht streitig. Nur Weniges stört die leicht museal wirkende, aufgeräumte Hafenszene: Ein paar Eilige brausen mit dem Fahrrad durch – ein Fahrradverbot war politisch nicht durchsetzbar -, andere stellen mal eben ihre Autos ab, wo sie niemanden zu behindern glauben; die Restaurants haben sich nicht zu einer einheitlichen Bestuhlung durchringen können und nehmen auch den Funktionsstreifen für ihre Tische in Beschlag; ein paar Mastleuchten haben sich aus dem Funktionsstreifen an die Kaikante verirrt – Yoo nimmt‘s gelassen. Sein Entwurf funktioniert: Menschen sitzen an den Außentischen der Cafés, blicken von den Stapelbänken übers Wasser, flanieren über das angenehm changierende Promenadenpflaster. Ein paar weiße Masten sind mit Kabelbindern am neuen Geländer befestigt, ihre Fahnen flattern fröhlich im Wind, kaum jemand merkt‘s.
Als George Fester 1911 ein Grundstück im gerade entstehenden Villengebiet in Bergedorf erwarb und im englischen Cottage-Stil ein Landhaus errichten ließ, legte er den Grundstein für eines der schönsten Anwesen, die sich bis heute auf dem hohen Ufer südlich der Bille erhalten haben. kein Geringerer als der Hamburger Gartenkünstler Rudolf Jürgens zeichnete für die opulenten Gartenanlagen verantwortlich, die größere landschaftliche Partien mit geometrischen Sondergärten verbanden, inklusive Tennisplatz und großem ellipsenförmigen Pool.
Im Ergebnis war Fester „weltefreden“ (wohlzufrieden, wohlgeborgen), und er wählte dieses Empfinden zum Motto dieses beeindruckenden Landsitzes, das nach zahlreichen Besitzer- und Nutzungswechseln heute wieder in privater Hand ist.
Der Untersuchungsansatz für dieses Ensemble ist neu: Mittels einer Sichtung vorhandener Literatur, Archivalien, Bestandsplänen, Fragen der Eigentümer und dem Bestand vor Ort werden hier gartendenkmalpflegerische Entwicklungsperspektiven und vertiefende Untersuchungsthemen erarbeitet und in einer Erstberatung mit den Eigentümern besprochen.
Beratungsauftrag der Gesellschaft zur Erhaltung historischer Gärten in Schleswig-Holstein e. V. für die Eigentümer
Die U5 ist als rund 24 Kilometer lange Verkehrsader mit 23 neuen Haltestellen zwischen Bramfeld und Stellingen quer durch Hamburg geplant. Das Gutachten versucht mögliche Beeinträchtigungen von Denkmalen im Abschnitt zwischen der City Nord und Jarrestraße abzuschätzen und Minimierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Mit der hier befindlichen City Nord, dem Hamburger Stadtpark, der Jarrestadt und vielen weiteren wird eine Reihe hochrangiger Bau- und Gartendenkmale tangiert.
Die Untersuchung zielt auf eine Stärkung des Hamburger ÖPNV unter möglichst umfassender Schonung betroffener Denkmal- und Freiraumqualitäten.
Planungsauftrag der VPC, Hamburg für die Hamburger Hochbahn
Fachbeitrag zum Naturbegriff in der Veranstaltungsreihe „Expedition Grün“, einer öffentlichen Vortragsreihe anlässlich der Uraufführung der Oper „Miameide – Die stillen Schwestern“ von Kristine Tornquist und Julia Purgina, sirene Operntheater, Wien.
Ferdinand Tutenberg (1874-1956) ist alles andere als eine schillernde Gestalt. Mit technischem Verständnis, großem Wissen, noch größerem Selbstvertrauen und unermüdlichem Fleiß schafft er in den 1910er- und 1920er-Jahren unter schwierigsten Bedingungen zahllose öffentliche Grünanlagen für Altona, darunter den Volkspark und den Hauptfriedhof Altona. Als Gartenkünstler fühlt er sich jedoch nicht akzeptiert, und seine Schöpfungen und Planungen werden tatsächlich von Fachkollegen kritisiert. Er führt dies auf persönlichen Neid zurück, und darauf, dass man ihm, der kein vollständiges Gartenkunst-Studium an einer angesehenen Hochschule absolviert hat, echte Gartenkunst nicht zutraut. Schließlich von der NS-Stadtregierung in seinem Amt als Gartendirektor der Stadt Altona diffamiert, zieht er sich 1934 nach einem Nervenzusammenbruch aus Altona nach Oberursel zurück und verfasst dort verbittert seine Lebenserinnerungen. In diesen schildert er neben seinen Gartenschöpfungen auch die konfliktreichen Zusammenstöße mit Berufskollegen, aus denen er stets siegreich hervorgegangen sein will.
In „Tutenbergs Himmel“ weilt Gartendirektor a. D. Ferdinand Tutenberg im Jahre 2023 über den Wolken. Noch immer quält ihn die Frage, ob man ihm auf der Erde die gebührende Anerkennung zollt, und auch seine Frau Elisabeth kann ihm dabei nicht helfen. Da erscheint plötzlich Gott in Begleitung eines sonderbaren Engels. Doch während Gott und Tutenberg im Laufe eines persönlichen Gartengesprächs immer mehr Gemeinsamkeiten entdecken, lässt der Engel mit dem seltsamen Namen Hemanuel keine Gelegenheit aus, um gegen Tutenbergs Können zu sticheln. Bei Tutenberg reißen alte Wunden auf und die Lage spitzt sich gefährlich zu…
Einakter zur Feier des 100-jährigen Bestehens des Hauptfriedhofs Altona. Uraufführung am 17. September 2023 in der Kapelle des Hauptfriedhofs Altona:
Die Personen und ihre Darsteller: Ferdinand Tutenberg – Nils-Holger Koch Elisabeth Tutenberg – Manon Koop Hermann Kube – Wieland Schinnenburg GOTT – Bay Stiller
Musikalische Begleitung: Chris Drave
Idee, Text und Regie: Joachim Schnitter
Im Auftrag des Bezirksamts Hamburg-Altona, Management des öffentlichen Raumes, Fachabteilung Stadtgrün: Grünplanung/Projekte
Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek / Dietmar Katz
aus: C. G. Bensel. Regierungsbaumeister, Architekt Hamburg
Archiv CVJM-Sunderhof GmbH
Monographie
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts initiierte Alfred Lichtwark, der damalige Direktor der Hamburger Kunsthalle, ein besonderes Wohn- und Kulturprojekt, als er mit ihm befreundete Familien veranlasste, im Umfeld seines Sommerhäuschens und nahe zur Malschule Siebelist in Hittfeld, moderne Landhäuser mit neuartigen Gärten zu errichten.
Philanthropen, Maler, Kunstsammler, Kaufleute, Architekten, eine Pädagogin und eine Schauspielerin bildeten auf dem „Sunderberg“ in den Harburger Bergen einen exklusiven Kreis künstlerisch-geselligen Lebens. Lichtwarks Schrift „Der Heidegarten“, die „gleich einem hellen Scheinwerfer aufklärend“ auf damalige Gartenkünstler wirkte, geht auf diese Landhauskolonie zurück.
Belegt durch zahlreiche Werke der Malerei, Grafik und Fotografie sowie durch zeitgenössische Textquellen wird die heute fast vergessene Kolonie als eine großbürgerliche Ausprägung der Lebensrefombewegung dargestellt und in die Wechselwirkung zwischen damaliger Mal- und Gartenkunst eingeordnet. Lichtwarks Traum von inniger Naturwahrnehmung, einer am „Niedersächsisch/Althamburgischen“ orientierten Gartenkunst und eines kulturell ausgerichteten Miteinanders zeigt sich hier als „Lebenskunst“.
Konzept, Recherche und Text: Joachim Schnitter Layout: Sarah Winter Grafiken: Anthea Rakebrandt; Joachim Schnitter
Erschienen im Oktober 2023, VerlagDölling & Galitz 240 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 28 € ISBN 9783862181667
»Es war wunderbar! Es hat mir die Augen und den wirklichen Zugang zum Reformgarten weiter geöffnet und mich in die Stimmung der Jahre ab 1900 bis 1929 abgeholt. « Leserrückmeldung aus dem Landkreis Lüneburg
»So gut wie in einem Rutsch habe ich Ihr Buch über die Hittfelder Landhauskolonie durchgelesen. Es ist großartig, wirft ein mächtiges Schlaglicht auf die Hamburger Gesellschaft.« Elke von Radziewsky
»Joachim Schnitter gelingt es in seinem sehr ansprechend, übersichtlich und bilderreich gestalteten Buch, den gesellschaftlich-kulturellen Hintergrund der Landhauskolonie auf dem Sunderberg detailreich auszuleuchten. Ihre spezielle Atmosphäre aus Intimität und Exklusivität ergab sich aus dem freundschaftlich-familiären Umgang und den intensiven Gesprächen über Kunst.« Ruth Asseyer, kultur-port.de
„Das liest sich alles so flüssig und ist durch zeitgenössische Zitate und Gemälde so stimmig gezeichnet, dass man den immensen Rechercheaufwand, der damit verbunden gewesen sein muss, kaum wahrzunehmen vermag.“ Jan Lubitz, Denkmalpflege Niedersachsen Jg. 44, Heft 1 (2024)
»Dies alles schildert der Autor detail- und kenntnisreich, mit sicherem Urteil und gelegentlich aufblitzendem Schalk. Die gepflegte Buchgestaltung tut das übrige, um diese Veröffentlichung zu einem Vergnügen für (garten-)kulturell Interessierte zu machen« Grüner Anzeiger für Pflanze und Garten, Jg. 27, Heft 1 (Jan/Feb. 2024)
»Das Design des liebevoll gestalteten Buches ist bunt wie ein Blumengarten – und allein deswegen hat das Buch einen Preis verdient.« Der Niedersachse
Der „Inno-Park“ in Hamburg-Harvestehude gehört zu den gartenhistorischen Geheimtipps der Hansestadt. Angelegt nach einem Entwurf des Hamburger Oberingenieurs Franz Andreas Meyer als Zentrum eines neuen Villenviertels mit moderner orthogonaler Straßenführung zählt er zu den spätlandschaftlichen, aufwendig modellierten Zierparks, gegen die wenige Jahre später Reformgartenkünstler leidenschaftlich opponierten. Dennoch besticht der Park bis heute durch seine gelungene Raumgestaltung mit zwei markanten Erhebungen und durch uralte Eichen, die Meyer geschickt in die Neugestaltung integrierte. In den Sommermonaten ist er ein stark frequentierter Treffpunkt für Eltern mit ihren Kindern.
Die Untersuchung zielt auf eine Stärkung nicht nur gartendenkmalpflegerischer, sondern vor allem auch ökologischer Qualitäten.
Planungsauftrag des Bezirksamts Eimsbüttel in Zusammenarbeit mit den Büros: Landschaft und Plan Munder und Erzepky LandschaftsarchitektenBDLA Hannes Rother Gartendenkmalpflege und Freiraumplanung
Aus einem barocken Bürgergarten des frühen 18. Jahrhunderts ließ Kanzleirats Johann Hinrich Doos um 1785 einen in seinen geometrischen Grundstrukturen und seinem Skulpturenprogramm bis heute gut tradierten Garten gestalten. Durch eine Schenkung seiner Witwe ging das Anwesen 1829 in den Besitz der Stadt Wilster über und diente bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts als Amtssitz der Wilster Bürgermeister. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der rückwärtige Gartenteil im landschaftlichen Stil umgeformt. Der Garten galt lange als pseudobarocke Anlage. Mit den erneuten Recherchen gelang der Nachweis, dass es sich tatsächlich um eine barocke Gartenanlage handelt.
Die in einem Pflege- und Entwicklungskonzept aus dem Jahr 2020 konzipierten Maßnahmen sollen den aktuellen Recherchen und Bewertungen angepasst, detailliert und umgesetzt werden.
Planungsauftrag des Büros Hannes Rother Gartendenkmalpflege und Freiraumplanung für das Amt Wilstermarsch in Zusammenarbeit mit Hannes Rother Gartendenkmalpflege und Freiraumplanung und Munder und Erzepky Landschaftsarchitekten BDLA.
Planungsauftrag durch die BIG Städtebau für die Stadt Glückstadt. 2022-2023
Als einzige Holsteinische Stadt entging Glückstadt im Dreißigjährigen Krieg einer Belagerung. Der holländische Festungsbaumeister Pieter de Perceval (um 1607-1657) hatte die Stadt als regelmäßiges, von einem Wallgraben geschütztes Sechseck entworfen. Vom zentralen Marktplatz führten durch Ring- bzw. Wallstraßen verbundene Radialstraßen zu den außenliegenden Bastionen. Damit Feinde keine Deckung finden könnten, standen die Häuser straßenseitig alle in gerader Linie, ohne Erker und Balkone.
Dieser ideale Grundriss zeichnet Glückstadt bis heute aus. Auch Fremde finden sich in der liebevoll gepflegten Altstadt mit ihren geraden Häuserfluchten und dem offenen, zentralen Marktplatz schnell zurecht. In dem Bewusstsein dieser seltenen Qualität verlieh sich die Stadt das Siegel eines Stadtdenkmals, das auf die immer noch geschlossene städtebauliche und architektonische Konzeption hinweist und die Selbstverpflichtung beinhaltet, diese Qualitäten zu bewahren.
In der 1997 zuletzt geänderten Gestaltungssatzung für den historischen Stadtkern von Glückstadt waren Energieerzeugungsanlagen durch Solarenergie oder Wärmepumpen noch nicht zulässig. Damit konnten Hauseigentümer im historischen Stadtkern im Falle eines Heizungsaustausches oder eines Hausneubaus dem EWKG nicht durch den Einbau von Solaranlagen entsprechen, ohne gleichzeitig gegen die Gestaltungssatzung zu verstoßen. Der Planungsauftrag beinhaltete die Überarbeitung der Gestaltungssatzung und die Diskussion der Vorschläge mit der Bauverwaltung, den Denkmalschutzbehörden und dem Bauausschuss, um dieses Problem zu lösen.
Mit der nunmehr erlassenen Novellierung der Satzung sind die zum Teil einander widersprechenden Ansprüche – Erhaltung des historischen Stadtbilds gegenüber Förderung regenerativer Energien in der Wohnnutzung – nicht beseitigt, aber sie werden in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht: Der Einbau von Solaranlagen und auch von Luft-Wärme-Pumpen wird auch im historischen Stadtkern erlaubt, wenn bestimmte Vorgaben eingehalten werden, um das Stadtbild nicht mehr als erforderlich zu beeinträchtigen. Diese Vorgaben sind in der Ortsgestaltungssatzung festgelegt und können hier eingesehen werden.
Die im Rahmen des Planungsauftrags erstellte Gestaltungsfibel erläutert als kompaktes Handbuch Ziele und Inhalte der Ortsgestaltungssatzung anhand kurzer Texte, einfacher Illustrationen und Bildbeispiele auf 50 Seiten. Die Gestaltungsfibel ist hier einzusehen.
In Zusammenarbeit mit Bunk & Münch Landschaftsarchitekten
Der ehemalige Gutspark der Familie von Zieten verfügte ab 1735 über einen bedeutenden Botanischen Garten, der von Johann Gottlieb Gleditsch angelegt wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der damals verwilderte botanische Garten erweitert und in einen Landschaftspark überführt. Mit dem Um- und Erweiterungsbau des Gutshauses im Stil des Neobarock unter Familie von Brünneck wurde die Bezeichnung „Schloß Trebnitz“ geläufig. Nach der Enteignung der von Brünnecks 1945 wurde das Gut für verschiedene staatliche Einrichtungen genutzt. Die historische Gestaltung des Parks ist äußerst lückenhaft überkommen. Insbesondere der Baumbestand bedarf einer denkmalgerechten Pflege und einer langfristig verfolgten Zielstellung.
Planungsauftrag der Stadt Müncheberg, Fachdienst Umwelt und Stadtgrün.
Entwurfsplanung und künstlerische Bauleitung zur gartendenkmalpflegerischen Überarbeitung der Wegeführungen, Raumbildung und Bepflanzung.
Der denkmalgeschützte Wesselhoeftpark verfügt über zwei Teiche und wird von der „Kleinen Flottbek“ durchströmt, der er seine ungewöhnliche Topographie als zur Elbe orientierter Taleinschnitt verdankt. Seine Talsenken sind ungewöhnlich feucht und stellenweise als Hochstaudenfluren ausgeprägt. Als ehemaliger Privatpark war er phasenweise durch zahlreiche exotische Baumpflanzungen geprägt, von denen in den alten Wiesenflächen einige bis heute überdauert haben, während an den steilen Geländeböschungen alter Eichen- und Buchenbestand vorherrscht. Im Rahmen von notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen ergibt sich die Chance, Teile des historischen Wegeverlaufs und der räumlichen Inszenierung nach über fünf Jahrzehnten wiederzugewinnen.
Planungsauftrag des Bezirksamts Altona, Management des öffentlichen Raumes, Fachabteilung Stadtgrün