Zwischen Lichtwark und Thunberg

Vom nicht endenden Ringen zwischen Raumkunst und Naturbild im Hamburger Stadtpark

Die Rosengärten um 1930
(Hamburger Staatsarchiv)
Verfechter der geometrischen Gartenkunst: Alfred Lichtwark
Naturnaher Kontrast im Stadtpark: Das Sierichsche Gehölz
Sind artifizielle Schmuck-pflanzungen angesichts des Insektensterbens noch vertretbar?

Vortrag am 17.06.2022
in der Kirche St. Gabriel, Sorenremen 16, 22359 Hamburg
für den Förderverein St. Gabriel Volksdorf e.V.

Um kaum eine andere Parkanlage wurde so vehement und anhaltend gerungen: Hamburgs geplanter Stadtpark war von Beginn an ein Hauptschauplatz gartenkünstlerischer Auseinandersetzungen. Auf der einen Seite standen die Traditionalisten, die ihre Parkbilder aus dem englischen Landschaftsgarten abgeleitet hatten, auf der anderen die Bilderstürmer um Kunsthallendirektor Alfred Lichtwark, der Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wortgewaltig die Abkehr von „Brezelwegen“ und ornamentalen „Teppichbeeten“ forderte. In einem beispiellosen Planungsprozess wurden beide Lager in den Personen Fritz Schumachers und Ferdinand Sperbers zu einem deutschlandweit beachteten stilistischen Kompromiss verpflichtet, der spektakulär gelang und 1914 zum bis heute geltenden Grundgerüst des Hamburger Stadtparks wurde. Weitsichtig hoffte Schumacher damals, der Stadtpark möge sich stets weiterentwickeln und „niemals fertig werden“.

Dabei war es stets um mehr gegangen als um stilistische Differenzen. Hinter dem Formenstreit standen jeweils zugehörige Gesellschafts- und Naturbilder. Nach den Erfahrungen von NS-Staatlichkeit und Krieg brachen sich daher diese Stilprobleme in modifizierter Form erneut Bahn. Aber auch die Umweltbewegung der 1970er Jahre und die Gartendenkmalpflege der 1990er haben den Stadtpark jeweils prägnant weiterentwickelt. Bis in die Gegenwart besteht das Ringen um die geeignete, den Anforderungen von Stadtgesellschaft und „Natur“ genügende Form und Pflege des Stadtparks. Infolge der stadtplanerischen Konzepte „Wachsende Stadt“ sowie „Natürlich Hamburg“ ist der Stadtpark erneut in den Fokus geraten – und verrät immer noch viel vom herrschenden Natur- und Gesellschaftsbild.

Lichtwarks Sommerfrische und die Hittfelder Landhauskolonie

Alfred Lichtwark
Landhaus Kalckreuth
Tanzdarbietung auf dem Hittfelder Sunderberg
Lichtwark mit Freunden vor dem Landhaus Vivié

„Niemand kennt Lichtwark, der ihn nicht hier gesehen hat.“

(Fritz Schumacher, 1935)

Vortrag im Rahmen des Forschungs-Lunchs der Hamburger Kunsthalle
am 18.10.2021
zur Landhauskolonie Hamburger Großbürger im Umfeld Alfred Lichtwarks
zwischen 1902 und 1914

Warburgs Garten auf dem Kösterberg in Hmb.-Blankenese

„Ein gleichbleibend sicherer Bezugspunkt in allen Wirrnissen“

Vortrag in der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg am 14. März 2019
vor der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur, Zweig Hamburg, und der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur, Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein e. V.

 

Dieser heute größtenteils in Privatbesitz befindliche Warburgpark ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Lediglich ein heute öffentlicher Teil des ehemals größeren Anwesens, der „Römische Garten“ in Blankenese ist detailliert untersucht und bei Gartenfreunden und -historikern gleichermaßen als Kleinod der Hamburger Reformgartenkunst geschätzt. Weitgehend unbeachtet sind jedoch die teils dramatischen Geschehnisse um Parzellierung vs. Erhalt des Anwesens, die während der NS-Zeit und in der frühen Nachkriegsgeschichte stattfanden.

Warburgs Garten darf mit Recht als einer der kulturgeschichtlich bedeutsamsten Gärten Hamburgs bezeichnet werden, dessen heutige Gestalt nur vor dem Hintergrund der damaligen Geschehnisse verständlich wird.

 

„Die Zelle, aus der sich der Leib der Großstadt aufbaut“

– Das grüne Raumgefüge der Dulsberg-Siedlung

Vortrag, gehalten am 9. Mai 2019 im „Museum für Hamburgische Geschichte“ im Rahmen der Tagung
„Hamburger und Altonaer Reformwohnungsbau der 1920er Jahre – Vergleichende Perspektiven von Modellen der Moderne“.
Veranstaltet von der Fritz-Schumacher -Gesellschaft (FSG) zusammen mit der Gustav-Oelsner-Gesellschaft (GOG) am 09. und 10. Mai 2019 .

 

Reformgartenkunst im Hamburger Raum

   

„ein Stück der großen Auseinandersetzung unserer Zeit zwischen Rhythmus und Muskel“

Nicht nur eine Entgegnung auf die als schablonenhaft empfundenen Gärten des „langen 19. Jahrhunderts“ sollte sie sein. Eine Zeit, die bereits im Ornament eine Nähe zum Verbrechen witterte, sah Reformgartenkunst als Teil einer umfassenden Lebensreformbewegung. Die neuen „Gartenarchitekten“ propagierten Reformgärten als Weg, eine zuvor bloß dekorative Gartenkunst mit drängenden Gesellschaftsbedürfnissen zu versöhnen.

Heute weitgehend vergessen, erfuhr die Hamburger Reformgartenkunst ab 1907 einen wichtigen Anstoß von südlich der Elbe: Durch Lichtwarks Beispiel eines eigenen Wohnhäuschen in Eddelsen inspiriert, errichteten wohlhabende Hamburger Familien in nahegelegenen Heidedörfern Landhäuser durch junge Reformarchitekten und umgaben sie unter Lichtwark Einfluss mit Reformgärten, die zum Teil bis heute erhalten sind. Neueste Forschungsergebnisse belegen die Intensität des künstlerischen und gesellschaftlichen Austausches.

In Hamburg prallten dann die grünen Bilderstürmer um Kunsthallendirektor Alfred Lichtwark auf gartenkünstlerische Traditionalisten. Im wort- und bildreichen Getümmel um die Gestaltung des Hamburger Stadtparks konnten sich die jungen Wilden schließlich behaupten. Doch war auch die Seite der siegreichen Reformgartenkünstler keineswegs einig: Zwischen selbstlosem „Gartensozialismus“, städtischer Wohlfahrtspflege und lukrativen Privataufträgen changierend, schufen sie Parks, Gärten und städtebauliche Ensembles von großer Qualität. Die Namen vieler Hamburger Gartenarchitekten dieser Zeit wie Otto Linne, Leberecht Migge, Ferdinand Tutenberg, F. Georg Hölscher, Rudolph Schnackenberg und Hermann König haben daher auch heute noch einen meist sehr guten, mindestens beeindruckenden Klang.

Viele ihrer Gestaltungen – von denen bekannte, aber auch weitgehend vergessene vorgestellt werden sollen – ereilte allerdings ein verfrühtes Ende: Nachdem sich Reformgärten- und -parks recht problemlos in Blut-und-Boden-Phrasen oder gigantomanische Raumkonzepte der NS-Zeit hatten überführen lassen, überformte eine neue Planergeneration nach dem Krieg viele der alten Anlagen politisch korrekt mit „fließenden Räumen“ oder bagatellisierten sie. Die Faszination der bildhaft oder real überkommenen Reformgärten mit ihren weitgreifenden künstlerischen und sozialen Ansprüchen hat dies nicht gemindert.

Vortrag gehalten vor der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur e.V.
am 18. Juni 2019 in der Akademie der Künste, Klosterwall 23, 20095 Hamburg

150 Jahre Friedhof Diebsteich in Hmb.-Altona

Volksparkachse, Fernbahnhof & das grüne Gedächtnis der Stadt

   

Der Vortrag im Rahmen der Jubiläumsfeier in der Friedhofskapelle am 23. September 2018 behandelte die historische Konzeption dieses frühesten erhaltenen Parkfriedhofs in Hamburg und die Herausforderungen, die sich im Rahmen aktueller städtebaulicher Konzepte ergeben.

100 Jahre Grünzug Hamburg-Dulsberg

Öffentlicher Vortrag zum Tag der Städtebauförderung am 5.5.2018 in der Emil-Krause-Schule in Dulsberg

  

Der Vortrag behandelt die städtebauliche Konzeption der Dulsberg-Siedlung in Hamburg-Barmbek mit dem Schwerpunkt auf die Freiraumkonzepte unter Otto Linne und Werner Töpfer.

Anton Tschechows Garten in Jalta

 „…habe buchstäblich geschwelgt in Seligkeit“

Vortrag im Kreismuseum Syke am 26.01.2018

   

Als Anton Tschechow 1899 auf die Krim zieht, ist der Schriftsteller auf der Höhe seines Ruhms und schwer tuberkulosekrank. Das subtropische Klima Jaltas soll seine Lungen heilen. Doch obwohl er weiß, dass seine Zeit bemessen ist, lässt er eine Villa errichten und legt auf dem steinigen Grundstück nach eigenem Entwurf einen blühenden Garten an. In diesen letzten Jahren ordnet er seinen künstlerischen Nachlass, schleppt mühsam Wasser für seinen Garten, pflanzt, beschneidet und schreibt sein letztes Bühnenwerk: über einen untergehenden Garten und die Notwendigkeit des Verlustes.

Tschechows „Der Kirschgarten“, unter dem Eindruck der eigenen Auflösung verfasst, steht in einem eigentümlichen Spannungsverhältnis zu seinem Garten in Jalta, der bis heute bewahrt werden konnte. Der Vortrag beleuchtet Tschechows literarische und gepflanzte Gärten vor dem Hintergrund seiner Biografie und richtet sich gleichermaßen an Gartenenthusiasten wie Leser Tschechows:

„Gestern und heute habe ich auf dem Grundstück Bäume gepflanzt und habe buchstäblich geschwelgt in Seligkeit, so schön, so warm und poetisch war es. Es ist einfach das reine Entzücken. (…) Es sind gute Bäume, sie werden bald tragen.“ (Tschechow, 1899)

Schlange im Gras: Der schwedische Agitator Olof Eneroth

…und seine subversive Mission

Vortrag vor der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur, Zweig Hamburg, am 14.11.2017 in der Warburg-Bibliothek, Hamburg

   

Olof Eneroth (1825-1881) zählt zu den schillerndsten Charakteren der Gartenkultur des 19. Jahrhunderts. Der „Vater der schwedischen Pomologie“ wurde durch gartenkulturelle Publikationen bekannt, die neben Obstbaumveredlung, Gartenkunst und Naturphilosophie eine Unzahl heterogener Themenkomplexe abdeckte. Aus armen Verhältnissen stammend und von schwacher Gesundheit, reiste er bis Brasilien, erwarb sich Stipendien, verfasste Schwedens erste Pomologie, wurde Doktor der Philosophie, Dichter und Lehrer. Sich selbst verstand er als Agitator, der mithilfe der Gartenkultur nicht weniger als einen Umbau der schwedischen Gesellschaft bewirken wollte. In dieser selbstgewählten Mission zog er alle Register, um die einfache Bevölkerung zu lenken und den Adel zu instrumentalisieren.
Der Vortrag widmet sich Eneroths Selbstbild und seinem Wirken anhand von Schriften, Selbstzeugnissen und Gärten sowie seinem Verhältnis zu wichtigen Schriftstellerinnen, Botanikern, Gärtnern und Pädagogen im Schweden des 19. Jahrhunderts.