Termin verschoben: Reformgartenkunst im Hamburger Raum

Vortrag vor dem Lyzeum Club in Hamburg.

Nicht nur eine Entgegnung auf die als schablonenhaft empfundenen Gärten des „langen 19. Jahrhunderts“ sollte sie sein. Eine Zeit, die bereits im Ornament eine Nähe zum Verbrechen witterte, sah Reformgartenkunst als Teil einer umfassenden Lebensreformbewegung. Die neuen „Gartenarchitekten“ propagierten Reformgärten als Weg, eine zuvor bloß dekorative Gartenkunst mit drängenden Gesellschaftsbedürfnissen zu versöhnen.

Heute weitgehend vergessen, erfuhr die Hamburger Reformgartenkunst ab 1907 einen wichtigen Anstoß von südlich der Elbe: Durch Lichtwarks Beispiel eines eigenen Wohnhäuschen in Eddelsen inspiriert, errichteten wohlhabende Hamburger Familien in nahegelegenen Heidedörfern Landhäuser durch junge Reformarchitekten und umgaben sie unter Lichtwark Einfluss mit Reformgärten, die zum Teil bis heute erhalten sind. Neueste Forschungsergebnisse belegen die Intensität des künstlerischen und gesellschaftlichen Austausches.

In Hamburg prallten dann die grünen Bilderstürmer um Kunsthallendirektor Alfred Lichtwark auf gartenkünstlerische Traditionalisten. Im wort- und bildreichen Getümmel um die Gestaltung des Hamburger Stadtparks konnten sich die jungen Wilden schließlich behaupten. Doch war auch die Seite der siegreichen Reformgartenkünstler keineswegs einig: Zwischen selbstlosem „Gartensozialismus“, städtischer Wohlfahrtspflege und lukrativen Privataufträgen changierend, schufen sie Parks, Gärten und städtebauliche Ensembles von großer Qualität. Die Namen vieler Hamburger Gartenarchitekten dieser Zeit wie Otto Linne, Leberecht Migge, Ferdinand Tutenberg, F. Georg Hölscher, Rudolph Schnackenberg und Hermann König haben daher auch heute noch einen meist sehr guten, mindestens beeindruckenden Klang.

Viele ihrer Gestaltungen – von denen bekannte, aber auch weitgehend vergessene vorgestellt werden sollen – ereilte allerdings ein verfrühtes Ende: Nachdem sich Reformgärten- und -parks recht problemlos in Blut-und-Boden-Phrasen oder gigantomanische Raumkonzepte der NS-Zeit hatten überführen lassen, überformte eine neue Planergeneration nach dem Krieg viele der alten Anlagen politisch korrekt mit „fließenden Räumen“ oder bagatellisierten sie. Die Faszination der bildhaft oder real überkommenen Reformgärten mit ihren weitgreifenden künstlerischen und sozialen Ansprüchen hat dies nicht gemindert.