Anton Tschechows „Der schwarze Mönch“

   

Katharina Usbeck & Joachim Schnitter
Eine gartenkulturelle Arabeske als Psychogramm: Tschechows „Der schwarze Mönch“

Das ist wunderbar! Ach, das ist wunderbar!“ …urteilte Lew Tolstoj mit großer Zärtlichkeit über Anton Tschechows 1894 erschienene Erzählung „Der schwarze Mönch“. Unbestritten stellt sie eine der bedeutendsten Erzählungen Tschechows dar, in mehrfacher Hinsicht aber kommt ihr eine Sonderstellung zu: Zum einen, weil Tschechows Gartenleidenschaft und seine profunde Kenntnis hortikultureller Techniken hier am deutlichsten ihren literarischen Niederschlag fanden; zum anderen, weil diese Erzählung wie wenige andere das besondere literaturwissenschaftliche Interesse auf sich gezogen hat. Während manche Kritik die Arbeit als „die Quintessenz der zartesten Poesie und künstlerischer Durchdringung“ würdigte, ging für andere „daraus nicht die geringste Idee, nicht die geringste Schlussfolgerung hervor“. Wieder andere sahen in der Erzählung einen Beleg für einen künstlerischen Umbruch und ein gewandeltes Verständnis des Autors zur Wirklichkeit. Aus gutem Grund zeigte sich Tschechow selbst mit der oberflächlichen Aufnahme der Erzählung durch die Kritik unzufrieden: Eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Versuche zeigt, dass eine überzeugende Entschlüsselung dieses Meisterwerks auch über ein Jahrhundert nach seiner Erstveröffentlichung bis heute nicht gelang.

Die für 2023 geplante  Darstellung unternimmt erstmals eine gartenhistorisch fokussierte Auseinandersetzung mit Tschechows Erzählung. Im Ergebnis soll sie die Verankerung zahlreicher Erzählmotive im gartenkulturellen Fachdiskurs ihrer Zeit belegen. Darüber hinaus aber soll sie im Thema gärtnerischer Pflanzenveredlung einen Subtext erschließen, der die Erzählung erst als das verständlich macht, was sie ist: Die paranoide Retrospektive eines Wahnsinnigen, komponiert aus Bruchstücken erinnerter und unbewusst fabulierter Vergangenheit. Sie ist der Versuch, das Erleben eines Wahnsinnigen mit den Mitteln der Kunst darzustellen. Das Werk eines Schriftstellers und Arztes, den „jegliche Abweichung der sogenannten Seele von der Norm“ interessierte und der von sich sagte, er wäre wohl Psychiater geworden, wäre er kein Schriftsteller geworden.

Neben dem gartenkulturellen Feld treten auch wichtige intertextuelle, musikalische und biographische Bezüge zutage, die den Autor der Erzählung sich ähnlicher Strategien bedienend zeigt, wie sein nervenkranker Protagonist. Eine Darstellung des Tschechowschen Zugangs zur Avantgarde der zeitgenössischen russischen Psychiatrie rundet die Textanalyse ab. Zahlreiche zeitgenössische Abbildungen aus allen genannten Themenfeldern sollen das Buch zu einem visuellen Erlebnis machen. Eine sorgfältige Quellenarbeit erhebt wissenschaftlichen Anspruch.

Gleichberechtigt mit der analytischen Auseinandersetzung soll eine moderne grafische Interpretation dieser wohl dunkelsten unter Tschechows Erzählungen vorangestellt werden, die Katharina Usbeck erarbeitet hat.